Die Ausstellung Disegns — Zeichnungen bildet den Auftakt für die abschliessende Saison von Christof Rösch als künstlerischer Leiter und Kurator an der Fundaziun Nairs. In seinen letzten Ausstellungen in der Kunsthalle Nairs soll kein Vermächtnis zelebriert werden. Vielmehr markieren sie eine Zäsur und Christof Röschs subjektive Spurensuche nach seinen Anfängen und dem Anfänglichen. Nach dem Provisorischen. Dem Analog-Handwerklichen. Dem Nahen und freundschaftlich Verbundenen auch. Dem Seelenverwandten und dem Offenen.
Über das Zeichnen, das auch als Basis für seine eigene künstlerische Entwicklung steht, ergründet Christof Rösch das Glück des Anfangs. Dazu versammelt er Kunstschaffende, deren Werke ihm teilweise über Jahrzehnte besonders am Herzen lagen und liegen. Künstler*Innen auch, die seine eigene künstlerische Entwicklung seit den 80er-Jahren massgeblich begleitet und geprägt haben.
«Die Zeichnung steht meist am Ursprung einer gestalterischen Formfindung; sie dient dann als Entwurfsskizze, als richtungsweisende Idee auch, als Gedankenstütze für etwas Werdendes, vielleicht sogar für etwas Konkretes. Einer Spur oder einer Ahnung folgend hat die Zeichnung meist etwas Vorläufiges. Nicht selten entsteht die Zeichnung absichtslos aus sich selbst heraus und steht am Ende für sich selbst, ist was sie ist. Intuitiv richtig. Nicht mehr und nicht weniger. Sie steht dann nicht für etwas, sondern ist Zeichnung pur, kann abstrakt, massstabslos oder raumgreifend kontextbezogen und erkenntnisreich zugleich sein. Die Zeichnung kann man ändern zwischen Struktur, Konkretem und dem Universellem. Immer jedoch ist die Zeichnung eine seismografische Momentaufnahme von Regungen und Impulsen, von gefühlter Verfasstheit der Zeichner*Innen.» Christof Rösch
Mit
Silvia Bächli, Evelina Cajacob, Heiko Blankenstein, Roger Boltshauser, Marianne Büttiker, Franziska Furter, Markus Müller, Cécile Hummel, Zilla Leutenegger, Christof Rösch, Roman Signer, Petra Soder, Jürg Stäuble, Gerda Steiner/Jürg Lenzlinger, Georg Steinmann, Not Vital, René Zäch
Kuratiert von Christof Rösch
Vernissage28. Dezember 2022, 18 Uhr
Konzert, 16 Uhr
«Zuckerbrot und Peitsche» — Eine Chronologie des Liedes durch das 20. Jahrhundert. Vor der Vernissage um 16 Uhr findet ein Konzert mit Sara-Bigna Janett (Sopran) und Elizaveta Habermacher-Parfentyeva (Klavier), anschliessend Barbetrieb
Ausstellung29.—31.12.2022 und 5.1.—9.4.2023
Öffentliche Führungen mit Christof Rösch
Jeweils um 18 Uhr am 20.1., 3.2., 17.2., 3.3., 17.3. und 31.3.2023
Finissage9. April 2023, 16 Uhr
Künstler*InnengesprächeIm Rahmen der Ausstellung finden Künstler*innengespräche statt, die im neuen Jahr bekannt geben werden.
ÖffnungszeitenDonnerstag bis Sonntag
15—18 Uhr
Kunsthalle Fundaziun Nairs
EintrittAusstellung: CHF 12, ermässigt CHF 8
Führungen: CHF 25 (inkl. Eintritt), ermässigt CHF 20
Gruppen- und Schulführungen auf Anfrage
«Zeichnen und Malen auf Papier ist meine ausschliessliche künstlerische Arbeit», sagt Silvia Bächli, die Meisterin der Lebenslinien, die in der ersten Nairs-Saison 1987 am Inn residierte.
Heiko Blankenstein’s Wahrnehmung und Seinsweise hat sich durch den Einfluss der Natur rund um Nairs radikal verändert und die Ausdehnung der Zeit hat seinen zeichnerischen Ausdruck geprägt.
Die Ideen des Architekten Roger Boltshauser, der im Geist ein Künstler ist, finden über die Skizze, die Zeichnung, das Relief und das Modell Form in Gebäuden.
Marianne Buettiker ist während ihres Aufenthaltes schreibend und zeichnend tief in den Nukleus Nairs eingetaucht und hat seismografisch präzise aus dem Kräftefluss des Orts geschöpft.
Das synästhetische Gesamterlebnis, das Evelina Cajacob mit ihrer raumgreifenden Zeichnungsinstallation 2003 in Nairs geschaffen hat, klingt noch immer nach im Resonanzraum.
Die Zeichnung bedeutet für Franziska Furter das Ausloten eines riesigen Feldes von Möglichkeiten mit der Linie, weit über das klassische Zeichnen mit Stift auf Papier hinaus.
Cécile Hummel arbeitet an der Beziehung zwischen Dingen und ihrer Darstellung, zwischen der unmittelbar sinnlichen Erfahrung, ihrer subjektiven Deutung und ihrer kulturellen Bedeutung.
Zilla Leutenegger arbeitet multimedial im Raum und schafft meist aus Zeichnungen, Videoprojektionen und Objekten ein Ganzes, in dem sie durch ihre zeichnerische Sprache immer selbst im Bild ist, auch wenn sie nicht anwesend ist.
Die Zeichnungen des Bildhauers Markus Müller pendeln zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, zwischen Natur und Kultur, zwischen Realität und Fiktion.
Für Christof Rösch ist das Zeichnen das Fundament für jegliche gestalterischen Konzepte, seien es künstlerische oder architektonische oder sei es die Fundaziun Nairs als «Ort sozialer Gestaltung» selbst.
Roman Signer schafft es mit seinen messerscharfen Interventionen, die Gemüter zu bewegen: Die Arbeit «Schnapstor», 2004 in Samnaun realisiert, hat die Legendenbildung um die Zerstörung von Kunst im öffentlichen Raum um ein Kapitel angereichert.
Indem Petra Soder nicht einer Idee folgt und dieser Form verleiht, sondern Form wachsen und werden lässt, schafft sie eine aussergewöhnlich poetische Position im Reich der zeichnenden Künstler*Innen.
Jürg Stäubles bildhauerisches Werk wäre ohne die Zeichnung undenkbar, weder einzelne Objekte, noch raumbezogene Installationen: Die Zeichnung ist das Fundament seines gesamten Werks.
Wo Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger agieren, sind kleine Wunder möglich, immer geht es ums Ganze und um die Verbundenheit des Menschen mit der Natur, eine Haltung, die subversiv und zutiefst humanistisch zugleich ist.
Georg Steinmann, der erste Kurator von Nairs, hat parallel zu seinen international gezeigten raumgreifenden Arbeiten, ein stilles zeichnerisches Werk entwickelt, das seinen Ursprung in den mineralischen Substanzen des Engadiner Fensters hat.
Der Sentner Künstler Not Vital hat die allererste Ausstellung im als Künstlerhaus transformierten Badehaus bestritten; inzwischen weltweit tätig, hat er den Bezug zum Ort — und im speziellen zu Nairs — nie aufgegeben.
René Zäch lotet mit seinen Zeichnungen nicht nur die Grenzenlosigkeit seiner Bildideen aus; es ist auch die Grenzenlosigkeit des Mediums der Zeichnung an sich, die ihn interessiert und die er ständig weitet.